Kapitel 2

Die hauptsächlich von El Niño
betroffenen Gebiete

Das El Niño- Phänomen, welches sich durch die überdurchschnittlich hohe Meeresoberflächentemperatur im äquatorialen Westpazifik (Peru) auszeichnet, verursacht im Pazifikraum große Naturkatastrophen. Hierbei treten unterschiedliche Naturkatastrophen auf. So finden in Kalifornien, Peru, Bolivien, Equador, Paraguay, Südbrasilien, in Teilen von Lateinamerika und allen westlich der Anden gelegenen Ländern sintflutartige  Regenfälle mit katastrophalen Überschwemmungen statt. In Nordbrasilien, Südostafrika sowie Südostasien, Indonesien, Australien verursacht El Niño dagegen große Dürreperioden, welche dort verheerende Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben. Dies sind die beiden häufigsten und gegensätzlichen Auswirkungen des El Niño- Phänomens.
 
 

Diese Grafik zeigt die von El Niño betroffenen Gebiete weltweit. Die Monate, in denen diese Auswirkungen stattfinden, sind mit deren Anfangsbuchstaben aufgeführt (z.B. bedeutet OND "Oktober-November-Dezember").

 

Zu diesen zwei Extremen kommt es, durch die ins Stocken geratene Pazifikzirkulation, welche im Normalfall kaltes Wasser vor der Westküste Südamerikas aufsteigen und warmes Oberflächenwasser vor Südostasien absinken lässt. Durch die rückläufige Zirkulation in einem El Niño- Jahr findet man genau die umgekehrte Situation vor: kaltes Wasser vor südostasiatischen Küsten und überdurchschnittlich warmes Oberflächenwasser vor Mittel- und Südamerikas Westküste. Der Grund dafür ist, dass der Südostpassat aussetzt oder sogar in die umgekehrte Richtung bläst. Er schiebt die warmen Wassermassen nicht mehr wie bisher vor sich her, sondern lässt diese in einer Wellenbewegung (Kelvinwelle) nach Südamerika zurückschwappen. Der Grund dafür ist der 60 cm höhere Meeresspiegel vor Südostasien gegenüber Südamerika. Die entstandene Warmwasserzunge im äquatorialen Westpazifik ist etwa zweimal so groß, wie die Landfläche der USA. Über dieser Fläche entsteht schnell eine große Wasserverdunstung, woraus sich ausgedehnte Wolkenbänder mit großem Niederschlagsvolumen bilden können.

Die Wolkenbänder bewegen sich durch Westwinde vorangetrieben in Richtung der südamerikanischen Westküste, wo sie dann anfangen  mit großer Wucht abzuregnen. Der Großteil der Niederschläge geht vor den Anden über den Küstenregionen nieder. Denn zur Überquerung der hohen Gebirgskette müssen die Wolken  leicht sein. Es finden auch im Landesinnern von Südamerika noch starke Niederschläge statt. So stürzten  z.B. in der paraguayischen Stadt Encarnacion um die Jahreswende 97/98 innerhalb von fünf Stunden 279 Liter Wasser pro Quadratmetern vom Himmel. Ähnliche Regenfälle haben auch die anderen gefährdeten Gebiete überschwemmt, so z.B. Itaqui in Südbrasilien. Die Flüsse traten über ihre Ufer und lösten zahlreiche Erdrutsche aus. Die Menschen in diesen Regionen waren machtlos und mussten mit ansehen wie ihre Häuser zerstört wurden. So sind innerhalb weniger Wochen um den Jahreswechsel 97/98 - der Höhepunkt der von El Niño verursachten Wetterkapriolen -, 400 Menschen umgekommen und 400 000 obdachlos geworden.
 
 

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11 Durch verherrende Unwetter zerstörte Häuser in Mexiko.

 

Genau das gegenteilige Szenario spielt sich in den Dürregebieten ab. Hier kämpfen die Menschen um den letzten Tropfen Wasser und müssen dennoch wegen der konstant anhaltenden Trockenheit sterben. Besonders lebensbedrohlich ist die Trockenheit für  die Stammesangehörigen von Naturstämmen (Ureinwohnern) in Australien und Indonesien. Denn sie leben abseits der Zivilisation und sind auf den Monsunregen und die natürlichen Wasservorkommen angewiesen, welche sich jedoch wegen El Niño verspäten bzw. austrocknen. Außerdem sind sie durch die außer Kontrolle geratenen Buschbrände gefährdet, die in Normaljahren von tropischen Regenfällen (Monsun) gelöscht werden und somit nicht zu bedrohlichen Flächenbränden ausarten können. Auch die Farmer in Australien sind betroffen und müssen wegen der Wasserknappheit ihre Viehherden durch Notschlachtung verkleinern. Wegen der abnehmenden Quantität des Wassers geht es sogar soweit, dass Beschränkungen des Wasserverbrauchs erlassen worden sind. Selbst die Großstadt Sydney war davon betroffen.

12.1 Dürrekatastrophe in Australien.

 

Außerdem werden große Ernteausfälle befürchtet, so dass die Weizenernte von 23,6 Mio. Tonnen (1997) auf 16,2 Mio. Tonnen (1998) sinken dürfte. Diese Zahlen wurden von Wirtschaftsexperten für Australien errechnet. Eine weitere Gefährdung der Bevölkerung besteht in der Verschmutzung des Trinkwassers durch Bakterien und Blaualgen, wodurch schlimme Seuchen auftreten können. Diese Seuchengefahr besteht übrigens auch in den Überschwemmungsgebieten.
Während der Jahreswende hatten die Menschen in den Millionenmetropolen Rio de Janeiro und La Paz  mit ca. 6-10°C über dem Durchschnitt liegenden Temperaturen zu kämpfen. Der Panamakanal hingegen litt ungewöhnlicher Weise unter Wasserknappheit, da die Süßwasserstauseen, aus denen er sein Wasser bezieht, ausgetrocknet waren (Januar 98). Dies hatte zur Folge, dass nur kleinere Schiffe mit geringem Tiefgang den Kanal passieren konnten.

Neben diesen zwei häufig in El Niño- Jahren anzutreffenden Wetterkatastrophen gibt es noch weitere in anderen Regionen. So ist Kanada insofern von El Niño betroffen, dass ein warmer Winter voraus prognostiziert wird, da dies bei vorigen El Niños der Fall war. Mexiko ist durch eine größere Anzahl von Hurrikans betroffen, welche erst über mindestens 27°C warmen Wasser entstehen können. Sie können ungehindert über dem von El Niño erwärmten Oberflächenwasser entstehen, was sonst nicht oder sehr selten der Fall ist. So richtete der Hurrikan Pauline im Herbst 1997 verheerende Schäden an.
 
 

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12.2 Durch Unwetter verursachte Überschwemmungen in den USA, die sichtlich den Verkehr lahmlegten.

 

Mexiko wird zudem, wie auch Kalifornien, von heftigen Unwettern heimgesucht. Diese treten in Gestalt von orkanartigen Stürmen und lang anhaltenden Regenperioden auf. Die Folgen davon können Schlammlawinen und verherrende Überschwemmungen sein. Die Unwetter hinterlassen meist eine unübersehbare Spur der Verwüstung.

Die niederschlagsreichen Wolkenbänder, welche vom Pazifik her kommen, regnen über den westlichen Anden besonders stark ab. Anschließend können sie die Anden in östlicher Richtung überqueren und bewegen sich dann in Richtung südamerikanischer Ostküste. Diesen Vorgang kann man folgendermaßen erklären:

Durch intensive Sonneneinstrahlung findet über dem warmen Oberflächenwasser starke Verdunstung statt und große Wolkenbänder entstehen. Bei weiterer Wasserverdunstung bilden sich daraus riesigen Regenwolken. Diese beginnen anschließend - durch leichten Westwind vorangetrieben - über dem Küstenstreifen heftig abzuregnen. Je weiter sich die Wolken ins Landesinnere bewegen, desto weniger Wasser enthalten sie, da über dem trockenen Land kaum Wassernachschub erfolgt. So finden in Richtung Osten immer weniger Regenfälle statt. Die Luft kommt nun im Osten von Südamerika trocken und warm an und ist somit wieder in der Lage Wasser aufzunehmen. Dies kommt daher, dass beim Abregnen der Wolken große Energiemengen frei werden, welche bei der Verdunstung benötigt wurden, und somit die Luft stark erwärmt wird. So lässt diese warme und trockene Luft mit Hilfe von Sonneneinstrahlung die restlichen Wasservorkommen verdunsten und trocknet dadurch große Teile des Landes stark aus. Es kann so eine Dürreperiode entstehen, welche mit Mißernten und Wasserknappheit verbunden ist.
 
 

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13.1 Diese Afrikaner (Somalia) konnten sich nur noch mit all ihrem Hab und Gut vor den Wassermassen auf das Dach retten und müssen dort auf Hilfe warten.

 

Dieses für Südamerika größtenteils zutreffende Schema erklärt hingegen nicht die überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen in Mexiko, Guatemala und Costa Rica im Vergleich zum benachbarten lateinamerikanischen Land Panama, welches unter Wassermangel und der damit verbundenen Austrocknung des Panamakanals leidet.

Die konstant anhaltende Trockenheit und die dadurch verursachten  Buschbrände in Indonesien und Australien sind auf das kalte Meeresoberflächenwasser im Westpazifik zurückzuführen. Denn durch das sich gewöhnlich im Westpazifik befindliche warme Oberflächenwasser wird eine starke Wolkenbildung, wie es jetzt im Ostpazifik der Fall ist, ermöglicht und vorangetrieben. Dies ist in Südostasien jetzt nicht der Fall und so bleiben die dringend benötigten Regenfälle und der Monsun aus. Deshalb werden die gezielt gelegten Buschfeuer zur Gewinnung neuer fruchtbaren Landflächen nicht wie gewöhnlich vom Monsunregen gelöscht, sondern geraten außer Kontrolle. Als Folge davon umgibt eine riesige Smogglocke die indonesischen Inseln und Teile von Australien.
 
 

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13.2 Verherrende Folgen durch den Hurrikan Pauline im Oktober 1997 in Acapulco/ Mexiko.

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14.1 Sintflutartige Regenfälle führen in Südamerika, besonders in Peru, zu verherrenden Überschwemmungskatastrophen. 

 

Es bleibt bisweilen ungeklärt, warum in Südostafrika (Kenia, Somalia) heftige Regenfälle und riesige Überschwemmungen durch El Niño verursacht werden. Denn diese Länder liegen am Indischen Ozean und sind damit weit vom Pazifik entfernt. Diese Tatsache lässt sich teilweise damit erklären, dass der Pazifische Ozean die riesige Energiemenge von über 300 000 Atomkraftwerken (fast eine halbe Milliarde Megawatt) speichert. Sie wird beim Verdunsten benötigt und beim Abregnen in anderen Regionen wieder freigesetzt. So gelangen in einem El Niño- Jahr große Wolkenbänder, die durch Winde in der Atmosphäre bewegt werden, in weit entfernte Gebiete. Diese Wolkenbänder geraten erst durch das Energieüberangebot in Bewegung.
 
 

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14.2 Ein Feuerwehrman beim Löschen von Buschbränden in Australien.

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15. Durch langanhaltende Trockenheit verursachte Buschbrände.

 

Durch die in diesem Kapitel genannten Beispiele wird deutlich, dass die Auswirkungen von El Niño nicht einfach zu erklären, sondern sehr differenziert zu betrachten und zu verstehen sind. Die Auswirkungen von El Niño sind unverkennbar und von unterschiedlichster Erscheinung. Hinter den dafür verantwortlichen atmosphärisch-ozeanischen Abläufen steckt eine ungeheure Energiemenge, welche diese verheerenden Katastrophen verursacht. Während einer El Niño- Periode wird eine Energiemenge von ungefähr 300 000 Atomkraftwerken umgesetzt.
 
Durch die verschiedenen Erscheinungsorte der Naturkatastrophen kann man sagen, dass El Niño ein globales Klimaphänomen ist, wenngleich man ihm nicht alle in dieser Zeit auftretenden Extreme und Katastrophen zuschreiben darf.

 

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