El Niño und die
weltweit gefährdeten Korallenriffe

Wenn man in den Medien Pressemitteilungen zu naturwissenschaftlichen Themen liest, so stößt man immer wieder auf das Klimaphänomen El Niño. Besonders der El Niño 97/98 wird häufig mit den katastrophalen Schäden der terrestrischen und marinen Ökosysteme in Verbindung gebracht. Im Folgenden werden wir uns daher mit El Niño und dem Zusammenhang zum weltweiten Korallensterben und der Massenbleiche vieler Korallenriffe befassen. Dabei werden die charakteristischen Merkmale und Besonderheiten der Korallen und der Korallenriffe näher erläutert, um so die später folgenden Veränderungen besser verstehen zu können. Weiter werden die Gefahren, welchen die Korallenriffe ausgesetzt sind, und die Ursachen dafür näher betrachtet.

 

Korallenkunde

Den allermeisten von uns werden Korallen oder Korallenriffe ein Begriff sein. Wir bringen diese Begriffe dann meistens mit der Vorstellung von exotischen Südseeparadiesen oder von schönen Inseln, welche von tiefblauem Wasser umspült werden, in Verbindung.

Doch hinter dieser phantastischen und wunderschön anmutenden Unterwasserwelt verbringt sich ein sehr komplex zusammenhängendes System. Für das problemlose Funktionieren dieses Systems sind verschiedene Voraussetzungen nötig, die künstlich nur schwer herzustellen sind. Das Korallenriff mit all seinen Lebewesen hat im Laufe der Zeit seine eigene Perfektion entwickelt, nach welcher diese viel verzweigte Lebensgemeinschaft funktioniert. So leben alle Korallen, bis auf weinige Ausnahmen, in den tropischen Gewässern der Weltmeere. Diese befinden sich innerhalb des nördlichen und südlichen Wendekreises der Sonne. Der Grund hierfür ist, dass die meisten Korallenarten ausschließlich in 20° C bis 32° C warmem Wasser leben können. Die Optimaltemperatur für das Korallenwachstum liegt zwischen 26° C und 27° C. Dieses warme Wasser ist jedoch sehr nährstoff- und sauerstoffarm, weshalb sich die Korallen andere Nährstoffquellen erschließen müssen. So lebt der größte Teil der Korallen im oberflächennahen Wasser, da einige wichtige Symbionten der Korallen, z.B. die einzelligen Zooxanthellen (Algen), auf Licht (Photosynthese) angewiesen sind.

Die beeindruckenden riesigen Korallenriffe werden von nur wenigen Millimeter großen Tieren gebaut. Sie gehören zum Stamm der Nesseltiere (Cnidaria), zu denen man die Hydrozoen, die Scyphozoen und die Anthozoen (Blumentiere) zählt. Als gemeinsame Stammfunktion besitzen sie Polypen. Meist mit der Fußsohle festsitzend hat dieses schlauchförmige Tier am oberen Ende eine einzige, von Tentakeln umgebene Körperöffnung. Man unterscheidet in der Klasse der Blumentiere (Anthozoen) die sechs- und achtstrahligen Korallen. Sie besitzen entweder sechs oder acht Tentakeln. Zu den achtstrahligen Korallen gehören die Gorgonien (Hornkorallen) und die Roten Korallen. Zu den sechsstrahligen Korallen zählt man hingegen die Steinkoralle, welche zu den am häufigsten vorkommenden Korallenarten gehört. Man findet sie in allen tropischen Meeren. Die Steinkorallen leisten mit Abstand den größten Anteil am Bau eines Riffs. Aber auch andere Lebewesen wie Hydrozoen, Kalkalgen, Weichtiere und Schwämme haben ihren Anteil am Riffbau.

Wenn man z.B. die Anatomie der Steinkorallen betrachtet, so fällt sofort der mächtige Kalksockel auf, auf dem sich der vergleichsweise winzige Polyp befindet. Dieser Kalksockel (Kalkskelett) wird durch den Polypen über einen großen Zeitraum hinweg - viele Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte - in mühevoller Kleinstarbeit errichtet. Die jährliche Zuwachsrate des Kalkskeletts durch den Polypen beträgt je nach Lage und Art zwischen 1 mm - 100 mm. Das Kalkskelett wird keineswegs von einem Polypen allein gebaut. Es wird vielmehr innerhalb von mehreren Generationen errichtet. So bilden sich über längere Zeiträume mächtige Knollen, Fächer, Pilze oder geweihartige Gebilde, welche vom Meeresboden emporwachsen. Dabei ist nur die Oberfläche des Korallenriffs lebendig, welche der Polyp darstellt. Der Rest ist tote kalkhaltige Substanz.

Schematischer Aufbau eines Steinkorallenpolypen

Das Aussehen eines einzelnen Korallenpolyps ähnelt stark dem des eines Kelchs oder eines Bechers. Die Öffnung, welche als Mund und After dient, wird von vielen darum angeordneten Tentakeln geziert. Diese Tentakeln dienen als Fangarme, welche mit giftigen Nesselzellen besetzt sind, um so die Beute lähmen zu können. Die Konsistenz des braun-grünlichen Polypen ist gallertartig und gleicht so der einer Qualle (Meduse), zu deren Klasse der Polyp auch gehört (Hohltiere).

Der Korallenpolyp besitzt zwei verschiedene Möglichkeiten zur Fortpflanzung. Die häufigste ist die ungeschlechtliche Fortpflanzung. Diese geschieht durch Knospung und trägt zur Bildung einer Kolonie bei. Der Grund hierfür ist, dass an einem bestimmten Ort unzählig viele Nachkommen gezeugt werden können, also eine Anhäufung von Korallenpolypen entsteht.

Die geschlechtliche Fortpflanzung verbreitet hingegen eine jeweilige Korallenart über eine größere Distanz hinweg. Hierbei werden von den getrenntgeschlechtlichen oder zwittrigen Polypen Eier und Spermien zu Milliarden ins freie Meer abgegeben. Innerhalb weniger Stunden nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzellen entwickeln sich Larven. Jene setzen sich nach wenigen Tagen auf dem Meeresboden ab, bevorzugt auf kalkhaltigen Böden oder auf alten Korallenriffen, und beginnen ihr Dasein als Korallenpolyp. Ein neuer Korallenstock oder sogar eine neue Korallenkolonie können durch diese Art der Fortpflanzung an einem vollkommen neuen, bisher unbewohnten Ort entstehen.

Die primäre Nahrungsquelle aller riffbildenden Korallen ist das Meer. Hier hinein streckt der Polyp nachts seine Tentakeln und fängt so tierisches Plankton (Zooplankton). Der Korallenpolyp ist dabei wie viele andere festsitzende Tiere darauf angewiesen, dass ihm das Wasser die Nahrung zuträgt. Diese Art der Nahrungsbeschaffung ist sehr auf günstige äußere Bedingungen, wie z.B. nährstoffreiches Wasser, angewiesen. Durch die Warmwasserabhängikeit aller riffbildenden Korallen ist diese Nahrungsgrundlage äußerst dürftig und reicht keinesfalls immer aus (warmes Wasser = nährstoffarmes Wasser). Aus dieser Notsituation heraus leben die meisten Korallenpolypen in Symbiose mit Algen.

Die einzelligen Zooxanthellen, welche den Korallen ihre braun-grünliche Farbe geben, nisten sich in lichtdurchlässige Zellen des Polypen ein und betreiben dort Photosynthese. Sie wandeln mit Hilfe der Photosynthese Wasser und Kohlendioxid in Kohlenhydrate und Sauerstoff um. Die produzierten Kohlehydrate decken die wesentliche Energieversorgung des Polypen ab. Weiter werden die Abfallstoffe der beiden Lebenspartner zum Wohle der Lebensgemeinschaft recycelt. Der Polyp profitiert vom Sauerstoff, dem Abfallprodukt der Photosynthese, und die Algen kurbeln durch Übernahme des Kohlendioxids, welches beim Stoffwechselprozeß des Polypen anfällt, die Synthese des skelettbildenden Kalks an.

Der Vollständigkeit halber wären hier noch die Weichkorallen zu erwähnen, welche recht weit verbreitet sind. Da sie aber keinen direkten Beitrag zur Riffbildung leisten, sondern nur mit den Riff bildenden Steinkorallen um Lebensraum konkurrieren, werden sie hier nicht ausführlich behandelt. Zu den Weichkorallen zählt man Rotes Seegras, fleischfarbener Brokkoli, grüne Pilze usw. Im Vergleich zu den Steinkorallen besitzen sie eine größere Elastizität und ein größeres Wasserspeichervermögen. Dieser Überlebensvorteil erlaubt es den Weichkorallen mit niedrigem Wasserstand und mit zeitweiliger Trockenheit fertig zu werden. Weiter sind sie in der Lage sich von Sand und Schlamm, welcher durch Bodenerosion ins Meer gespült wird, zu befreien. Beide Korallengattungen tragen gleichermaßen zur Schönheit und Artenvielfalt dieser phantastischen Unterwasserwelt bei.

Fortsetzung Korallenriffe I

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